Ule Hansen - das ist das Pseudonym, unter dem Astrid Ule und Eric T. Hansen ihre Thriller schreiben. Ich wollte wissen, wie man das macht, zu zweit erfolgreich schreiben und habe die beiden für die Buchplauderei nach ihrer Vorgehensweise, den Herausforderungen und ihrem Geheimrezept gefragt.
Liebe Astrid,
lieber Eric,
ihr seid ein vielseitiges Schriftstellerpaar, das gemeinsam eine hochspannende Trilogie um die Profilerin Emma Carow geschrieben hat.
Wie gelingt es, zu zweit einen Plot zu entwickeln? Passen eure Vorstellungen über die Geschichte, die Dramaturgie und die Figuren da immer von Beginn an zusammen?
Wir hatten das Glück, uns sofort über die Hauptfigur einig zu sein. Es war, als ob wir sie schon ewig kennen würden. Grundsätzlich waren wir uns erstaunlich oft einig. Über manche Grenzfälle haben wir aber auch erbittert gerungen, d.h. einander erbarmungslos umgeschrieben und manchmal auch rumgeschrien. Wer am längsten schreien konnte, hat dann gewonnen. Aber einfach, weil der andere irgendwann verstand, dass es dann scheinbar wirklich wichtig war.
Habt ihr euch dabei auf eine feste Aufgabenverteilung geeinigt und wenn ja, wer ist wofür hauptsächlich zuständig?
Wir entwerfen gemeinsam den Plot mit einer Menge Karteikarten, die viel herum geschoben und immer weiter bekritzelt werden, je nachdem, wie die Geschichte sich entwickelt. Dann schreibt Eric eine grobe erste Fassung, die meist nur er und ich verstehen und sonst kein Mensch auf der Welt (haben wir mal getestet). Da steht dann zum Beispiel auf Seite 25 noch: „hier muss eine Leiche hin“. Die besprechen wir immer wieder, während die Karteikarten neu gemixt werden. Ich recherchiere nebenher zu unseren Themen, Techniken, Milieus und ergänze das fortlaufend. Ab der 3. Fassung etwa geben wir uns die Fassungen hin und her – ich schreibe die 4., er die 5., ich die 6. … und die letzte Fassung sowie die Arbeit mit dem Lektor und eventuelle Adaptionen für Hörbuch etc. liegt auch bei mir.
Wie sieht euer Autorenalltag aus. Habt ihr feste Zeiten, zu denen ihr schreibt? Sitzt ihr zusammen in einem Arbeitszimmer oder geht es besser getrennt voneinander?
Jeder hat ein eigenes Arbeitszimmer, damit wir uns über den Flur hinweg bei Bedarf anschreien können 😉. Ich glaube, wir würden beide nicht weit kommen, wenn uns ständig einer über die Schulter gucken würde. Meetings und Friedenspfeifen gibt es dann am Esstisch.
Gab es einen der drei Teile der Trilogie, der schwieriger zu schreiben war als die beiden anderen, wenn ja, warum?
Bei dem zweiten Teil waren wir schon ganz gut dabei, als ich von einem Kollegen hörte, dass man eine Fortsetzung bestenfalls auch lesen können muss, ohne Band überhaupt 1 zu kennen. Ganz so extrem hatte ich mir das nicht vorgestellt und habe mir daraufhin extra den Anfang noch mal vorgeknöpft … aber es hat sich gelohnt: Neulich habe ich einen Fan kennen gelernt, der dachte, dass Band 2 ein Stand-Alone sei. Der dritte Band bot dann wieder eine ganz besondere Genugtuung: dass man dort Handlungsstränge aus allen 3 Bänden abschließen konnte. Das war echter Luxus!
Welche drei grundlegenden Tipps könnt ihr angehenden Autor*innen-Duos geben?
1) Es ist ein Vorteil, wenn ihr zwei Meinungen habt statt einer. Das bereichert, auch wenn man sich gelegentlich in die Wolle bekommt.
2) Es ist ein Vorteil, wenn eine was besser kann als die andere: setzt euch gegenseitig da ein, wo eure Stärken sind. Niemand ist überall gleich stark.
3) Glaubt nicht, wenn zwei zusammen ein Buch schreiben, geht es doppelt so schnell. Es dauert doppelt so lange.
Ihr leitet auch Seminare. Welche lautet eure Empfehlung für angehende Autor*innen, die nicht so richtig wissen, wie sie anfangen sollen?
Schreibt Kurzgeschichten! So haben alle Großen angefangen. Und alle Anderen auch … Schreibt gute und schlechte, kurze und lange, ergreifende und überraschende, lest sie euren Freunden oder Liebsten vor oder euch selbst, und die euch am besten gefallen, die schickt zu Wettbewerben. Kurzgeschichten schreiben lehrt einen ganz viel und aus mancher Kurzgeschichte wurde später noch ein ausgewachsener Roman.
Habt ihr noch einen Geheimtipp, wie es gelingt, zu zweit erfolgreich zu schreiben?
Whisky.
Vielen Dank.
Ule Hansen ist das deutsch-amerikanische Autorenduo hinter der Emma Carow-Trilogie “Neuntöter”, “Blutbuche” und “Wassertöchter”, einer düsteren Thriller-Reihe, die in Berlin spielt (Band 1 ausgezeichnet mit dem Stuttgarter Krimipreis, nominiert für den Friedrich Glauser-Preis 2017)
Der Amerikaner Eric T. Hansen wuchs in Hawaii auf, bis es ihn in den 80ern nach Deutschland verschlug, wo er Mediävistik studierte und für The Hollywood Reporter, The Washington Post, Süddeutsche Zeitung, Die Zeit und mehr journalistisch tätig war. Astrid Ule aus Mainz studierte Ethnologie und fand ihre Berufung als Satirikerin in Berlin für das preisgekrönte TV-Magazin »Kaos« und in der Werbung. Gemeinsam schrieben sie mehrere Dreh- und Sachbücher (“Planet America”, “Planet Germany”). Astrid Ule ist auch Lektorin, und beide arbeiten solo und zusammen als Dozenten für Kreatives Schreiben.
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